Bundestagswahl Union gewinnt Bundestagswahl vor AfD – Fiasko für die SPD

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Die Union triumphiert und dürfte mit Merz den Kanzler stellen. Für die SPD ist es eine historische Pleite. Die AfD verdoppelt ihr Ergebnis. Die Linke bleibt im Parlament, FDP und BSW zittern.
Regierungswechsel in Deutschland: Die Union mit ihrem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz hat die Bundestagswahl klar gewonnen. Der CDU-Chef kündigte eine schnelle Regierungsbildung an – noch ist unklar, mit wem. Kanzler Olaf Scholz gestand die Niederlage seiner SPD ein. Sie liegt noch hinter der AfD, die ihr Ergebnis verdoppelt. An vierter Stelle folgen nach den Hochrechnungen von ARD und ZDF die Grünen. Die Linke überspringt die Fünf-Prozent-Hürde und ist erneut im Bundestag vertreten. FDP und Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) müssen dagegen um den Einzug ins Parlament bangen. FDP-Chef Christian Lindner kündigte an, er wolle aus der Politik ausscheiden, sollte seine Partei unter fünf Prozent bleiben.
AfD verdoppelt Ergebnis
Nach den Hochrechnungen verbessern sich CDU und CSU auf 28,4 bis 28,6 Prozent (Wahl 2021: 24,1 Prozent) – es ist dennoch das zweitschlechteste Bundestagswahlergebnis der Union. Die AfD erreicht 20,4 Prozent (10,4 Prozent). Die SPD von Kanzler Olaf Scholz stürzt dramatisch ab auf ihr schlechtestes Bundestagswahlergebnis seit 1949 und landet bei 16,3 bis 16,4 Prozent (25,7). Die Grünen mit Kanzlerkandidat Robert Habeck verlieren leicht und kommen auf 12,2 bis 12,3 Prozent (14,7). Die Linke steigert sich deutlich auf 8,5 bis 8,9 Prozent (4,9). Die FDP halbiert ihr Ergebnis und liegt bei 4,7 bis 4,8 Prozent (11,4). Das BSW, eine Abspaltung der Linken, kommt bei seiner ersten Bundestagswahl auf 4,9 bis 5,0 Prozent.
Laut ARD und ZDF erringen CDU und CSU 196 bis 209 Sitze im Parlament, die AfD kommt auf 141 bis 149 Sitze. Die SPD erhält 113 bis 119 Mandate, die Grünen 84 bis 90, die Linke 61 bis 62 und das BSW 0 bis 34.
Welche Koalitionen sind möglich?
Merz hat beste Chancen Kanzler zu werden, braucht für eine Regierungsbildung aber Partner. Ein Zusammengehen mit der in Teilen als rechtsextremistisch eingestuften AfD hat der CDU-Chef ausgeschlossen. Wenn neben der Linken auch FDP oder BSW im Bundestag sitzen, muss Merz sich zwei Koalitionspartner suchen. Doch Dreierkoalitionen sind kompliziert, siehe die gescheiterte Ampel.
Denkbar wäre eine Koalition der Union mit SPD und FDP. Eine Alternative wäre ein Bündnis von Union, SPD und Grünen – allerdings hatte die CSU eine Koalition mit den Grünen vor der Wahl vehement abgelehnt. Nach der Wahl öffnete CSU-Chef Markus Söder die Tür zu Gesprächen einen Spalt: „Mit den Grünen zu regieren – aus meiner Sicht ein echtes No-Go, wenn es irgendwie geht“, sagte er. Auch Koalitionen mit BSW und Linken kommen für die Union nicht in Frage.
Union feiert, bitterer Abend für SPD
Wahlsieger Merz will so schnell wie möglich eine handlungsfähige Bundesregierung bilden. „Ich weiß um die Verantwortung“, sagte er. „Ich weiß, dass es nicht einfach werden wird.“ Deutschland könne sich keine langwierige Regierungsbildung leisten: „Die Welt da draußen wartet nicht auf uns.“
Scholz sprach nach den ersten Hochrechnungen von einem bitteren Ergebnis und einer Niederlage seiner SPD, für die er auch Verantwortung trage. Im Fall von Koalitionsgesprächen stehe er nicht als Verhandlungsführer seiner Partei zur Verfügung, sagte er in der „Berliner Runde“ von ARD und ZDF. Auf die Frage, ob es ein Fehler gewesen sei, trotz schlechter Umfragewerte Kanzlerkandidat zu werden, antwortete Scholz: „Das glaube ich nicht.“
SPD-Generalsekretär Matthias Miersch sagte, ob die SPD noch einmal Regierungsverantwortung übernehme, sei offen. „Da gibt es überhaupt keinen Automatismus.“ SPD-Chef Lars Klingbeil kündigte einen personellen Neustart an. „Dieses Ergebnis wird Umbrüche erfordern in der SPD.“
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AfD will mitregieren
AfD-Chefin Alice Weidel sprach von einem historischen Ergebnis. „Man wollte uns halbieren, das Gegenteil ist eingetreten.“ Die AfD sei bereit zur Zusammenarbeit mit der Union. „Unsere Hand wird immer ausgestreckt sein für eine Regierungsbeteiligung, um den Willen des Volkes umzusetzen.“ Zugleich kündigte sie an: „Wir werden die anderen jagen, dass sie vernünftige Politik für unser Land machen.“
Grünen-Kanzlerkandidat Habeck warnte vor dem Erstarken des rechten Populismus und gratulierte Merz. Seine Partei sei auch bereit, Verantwortung zu übernehmen, sagte er mit Blick auf die Regierungsbildung.
Linke jubelt
Linken-Chef und Co-Spitzenkandidat Jan van Aken äußerte sich begeistert über das Abschneiden seiner Partei. „Die Linke lebt“, sagte er vor einer jubelnden Menge in Berlin. Co-Parteichefin Ines Schwerdtner sprach vom „Comeback des Jahres“ und kündigte an, in den kommenden Jahren eine „Brandmauer“ gegen rechts sein zu wollen.
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FDP-Chef Christian Lindner sieht trotz hoher Verluste keinen Grund für eine Kurskorrektur. Mit Blick auf das Auseinanderbrechen der Ampel-Regierung sagte er, die FDP sei im Herbst „in das volle politische Risiko gegangen“, zum Wohle des Landes. „Wir zahlen selbst heute einen hohen Preis dafür, für Deutschland war diese Entscheidung aber richtig.“
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Die Wahlbeteiligung lag mit 83,0 bis 83,5 Prozent höher als 2021 (76,4) und erreichte laut ARD und ZDF den höchsten Wert seit der Wiedervereinigung. Zur Stimmabgabe aufgerufen waren 59,2 Millionen Menschen, davon gut 42 Prozent 60 Jahre oder älter.
Bundestag wird kleiner – rund 100 Abgeordnete weniger
Der neue Bundestag wird wegen einer Reform deutlich schlanker sein. Die Zahl der Abgeordneten wurde auf 630 begrenzt – mehr als 100 weniger als aktuell. Dafür fallen die sogenannten Überhang- und Ausgleichsmandate weg, die bisher das Parlament oft stark aufgebläht haben. Nun kommen mit Erststimme gewählte Kandidaten nur noch in den Bundestag, wenn ihre Partei auch genügend Zweitstimmen hat.
Die Wahl wurde um sieben Monate vorgezogen – das gab es bisher nur 1972, 1983 und 2005. Grund ist, dass die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP im November zerbrochen war. Scholz schlug nach dem Nein des Bundestags zu seiner Vertrauensfrage die Auflösung des Parlaments vor – was Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dann anordnete.
Wahlkampf kreiste zuletzt vor allem um Migration
Der kurze Winterwahlkampf war zuletzt geprägt von der Debatte über eine Begrenzung der Migration. Merz hatte gefordert, dass auch Asylbewerber an den deutschen Grenzen zurückgewiesen werden – was aus Sicht von Grünen und SPD gegen Europarecht verstoßen würde. Scharfe Kritik hatte Merz auf sich gezogen, nachdem die Union im Bundestag einen Antrag zur Migrationspolitik mit Stimmen der AfD durchgesetzt hatte.