Biathlon in Lenzerheide Preuß am Ende ihrer Kräfte - WM-Erlösung für Männer


Der zweite WM-Titel war bis eine Runde vor Schluss greifbar. Doch Franziska Preuß geht im Massenstart leer aus. Trotzdem gibt es in Lenzerheide so viele Medaillen wie zuletzt vor fünf Jahren.
Am Ende einer traumhaften Weltmeisterschaft mit gleich vier Medaillen gingen Franziska Preuß einfach die Kräfte aus. Nach langer Führung musste sich die 30-Jährige im abschließenden Massenstart von Lenzerheide auch wegen Bauchschmerzen und schlechter Ski mit dem siebten Platz begnügen. Grund für Frust gab es in der Schweiz aber nur kurz, denn mit einmal Gold, einmal Silber und zweimal Bronze erlebte die Gesamtweltcup-Führende die erfolgreichsten Wochen ihrer Karriere. Hinter der Ziellinie konnte Preuß schnell wieder lachen, auch wenn es einen Tag nach Platz fünf mit der Staffel mit dem zweiten Solo-Titel nichts wurde.
„Ich nehme viele schöne Momente mit. Das hat einfach gut getan, dass man sich selbst bewiesen hat, dass man es zum Höhepunkt schaffen kann“, sagte Preuß: „Wenn mir das vorher jemand gesagt hätte, dass ich hier vier Medaillen hole, hätte ich das sofort genommen.“ Preuß nehme „viel Positives“ mit, trotzdem war sie als Siebte in ihrer Spezialdisziplin Massenstart auch enttäuscht: „Ich fahre echt happy heim, trotzdem bin ich heute etwas betrübt.“
Bauchschmerzen und schlechte Ski beim WM-Finale
Denn beim großen Finale musste sie beim Sieg der Schwedin Elvira Öberg mehr investieren als gewünscht. „Ich habe so krass Bauchweh gekriegt, das war einfach nur ein Kampf“, sagte Preuß: „Das hat gar keinen Spaß gemacht.“ Zwar seien die Schmerzen verschwunden, nachdem sie ihre Hose geöffnet hatte, aber „es war überhaupt nicht schön“, sagte sie. Zudem liefen die Ski nicht richtig und ein Fehler mit dem drittletzten Schuss raubte ihr auch die letzten Medaillenhoffnungen. „Es war echt frustrierend, man hat gar nichts zuzusetzen. Es schmerzt schon, ich hab‘ mir natürlich was anderes vorgestellt“, sagte sie.
An vier der insgesamt fünf deutschen Medaillen war Preuß beteiligt, nur nicht an Bronze der Männerstaffel am Samstag. Damit verlief die Weltmeisterschaft für die Mannschaft des Deutschen Skiverbands ähnlich gut wie zuletzt vor fünf Jahren, als es in Antholz ebenfalls fünfmal zum Sprung aufs Podium reichte - allerdings gab es damals in Südtirol kein Gold.
Preuß hat insgesamt wenig Anlass, sich über das etwas missglückte Abschluss-Wochenende zu ärgern. Nach Jahren voller Rückschläge und gesundheitlicher Probleme belohnte sie sich für die jahrelange Schinderei. „Ich glaube, der ganze Winter passt sehr gut und ich habe gerade einfach eine ganz gute Form“, sagte Preuß fast schon bescheiden.
Nach der WM den Gesamtweltcup im Blick
Lohn waren ihr erster WM-Titel in einem Einzelrennen in der Verfolgung, Silber im Sprint und zweimal Bronze jeweils mit der Mixedstaffel und im Single-Mixed. „Ich freue mich natürlich sehr, ich habe das auch schon anders erlebt“, sagte Preuß. Den Rest der Saison kann sie sich nun darauf konzentrieren, erstmals den Gesamtweltcup zu gewinnen. „Ich habe den Traum, das Gelbe Trikot bis zum Schluss zu verteidigen“, sagte Preuß.
Bevor die Saison aber am 7. März in Tschechien fortgesetzt wird, steht Erholung auf dem Programm. „Ich freue mich auf eine gute Brotzeit daheim, und auch darauf, ein bisschen abschalten zu können“, sagte sie.
In Lenzerheide hatte Preuß auch in der Staffel alles gegeben, mit zwei Nachladern im letzten Schießen aber keine Chance auf das Podest „So ist Biathlon“, sagte Preuß. Zuvor schoss Sophia Schneider früh eine Strafrunde, gemeinsam mit Julia Tannheimer und Selina Grotian reichte es für den Mitfavoriten beim überlegenen Triumph Frankreichs nur zu Rang fünf.
Kühn holt erste Medaille und kündigt Rücktritt an
Während die Frauen erstmals seit sechs Jahren keine Staffel-Medaille feiern konnten, holten die Männer mit Bronze doch noch ihre erste eigene Plakette. In einem finalen Schieß-Krimi behielt Schlussläufer Philipp Horn die Nerven. Johannes Kühn brach danach in Tränen aus, da es mit 33 Jahren endlich seine erste wichtige Medaille war, genau wie für Danilo Riethmüller. Startläufer Philipp Nawrath hatte zum Auftakt schon Bronze mit der Mixedstaffel gewonnen.

„Jetzt hier zu sitzen und mit den Jungs und dem ganzen Team zu feiern, ist für mich das Größte, was ich erreicht habe“, sagte Kühn und kündigte am Samstag umgehend seine Pläne für ein Karriereende an. „Mein Plan geht bis Olympia 2026. Pläne können sich ändern, aber Stand jetzt ist der Plan so“, sagte Kühn.
Endlich Aufschwung für die Männer
In den Einzelrennen beim Saison-Höhepunkt hatten die Männer zuvor enttäuscht, schafften es in Sprint und Verfolgung nicht unter die Top 15. „Die Medaille ist jetzt eine Genugtuung“, sagte Kühn. Sportdirektor Felix Bitterling ergänzte zu den schwachen Solo-Auftritten: „Die Dinge haben nicht zusammengepasst. Wenn sie gut gelaufen sind, haben sie nicht gut geschossen oder umgekehrt. Umso schöner, dass sie das Ding jetzt haben.“
Das Staffel-Quartett holte das Optimum heraus, denn die Favoriten setzten sich erwartungsgemäß durch: Norwegen um Superstar Johannes Thingnes Bö siegte mit großem Vorsprung vor Frankreich. Für Horn und Co. war es die erste Team-Medaille seit Silber 2020 in Antholz. „So eine Medaille kann so eine ganze Saison aufhübschen. Das gibt uns allen einen Aufschwung“, sagte Horn.
Im finalen Massenstart reichte es aber wieder nicht für die Top Ten. Der 30 Jahre alte Horn wurde nach zwei Strafrunden 13., Nawrath musste sich mit der gleichen Fehleranzahl mit Rang 16 begnügen. Das letzte Gold der WM ging an den Norweger Endre Strömsheim, der vor seinen Teamkollegen Sturla Holm Laegreid und Johannes Thingnes Bö siegte.