Titelkämpfe von Trondheim Wellinger glänzt: Als „letzter Weihnachtbaum“ zu WM-Silber


Auf harte Monate folgt eine gewaltige Leistungssteigerung. Nach dem überraschenden Silber-Coup von Andreas Wellinger gibt der Trainer die Erlaubnis: „Ein bissl feiern.“
Andreas Wellinger wirkte nach seinem Silber-Coup im Dauerregen von Trondheim vollkommen perplex. Während der norwegische Wahnsinn mit Weltmeister Marius Lindvik um Wellinger herum tobte, fasste der Olympiasieger seinen WM-Erfolg mit einem Satz so treffend wie ungläubig zusammen: „Das ist Skispringen.“ Zwei Monate Krise und Kritik, in diesem Kalenderjahr noch überhaupt kein Podestplatz und nun? Platz zwei!
„Macarena“ im Dauerregen
„Ich bin mega happy. Acht Wochen lief es ziemlich beschissen. Ich habe Silber gewonnen - und definitiv nicht Gold verloren“, sagte der 29-Jährige, der nur 2,3 Punkte hinter dem norwegischen Champion Lindvik landete. Bronze ging an Jan Hörl aus Österreich. Auch Bundestrainer Stefan Horngacher, der in der Kritik steht, wirkte bei dem Skisprung-Festival mit Musik-Klassikern wie „Macarena“ erleichtert.
„Ich bin total leer irgendwie. Es war ein super Sprung vom Andi. Die Jungs haben einen tollen Job gemacht. Wir haben richtig gearbeitet“, sagte Horngacher im ZDF. Der Chefcoach aus Österreich wurde nach dem hochklassigen Springen vom kompletten Team umarmt. Von allen fiel eine Menge Druck ab, nachdem seit der Vierschanzentournee die Misserfolge zur Regel geworden waren.
Horngacher: Belohnung „fürs ganze Team“
Noch wenige Tage vor dem WM-Einzel hatte Sven Hannawald bei „ran.de“ gesagt, die Deutschen hätten große Probleme mit dem Material und der Technik. „Und deshalb springen die Deutschen im Moment wie der letzte Weihnachtsbaum“, befand der TV-Experte. Horngacher sagte nun, man habe eine „extrem schwierige Zeit“ hinter sich. „Das ganze Team ist belohnt worden.“ Nun dürfe man „ein bissl feiern“.

Viel fehlte nicht, dann hätte Deutschland sogar zwei Medaillen bejubeln dürfen. Karl Geiger belegte Rang vier und verpasste nur knapp eine große Überraschung. „Ich bin stolz auf meine Leistung. Ein vierter Platz bei der WM ist natürlich bitter“, sagte Geiger. Für die weiteren Wettbewerbe sind die Chancen bei solchen Leistungen exzellent. Allerdings erfolgt nun der Wechsel auf die Großschanze.
In Wellingers bewegter Karriere ist es ein weiterer großer Meilenstein. Bereits mit 18 Jahren war der Ruhpoldinger im russischen Sotschi Team-Olympiasieger geworden - es folgten weitere Medaillen und ein sportlicher Absturz, der in engem Zusammenhang mit einem Kreuzbandriss stand. Die größten Siege feierte Wellinger in Pyeongchang 2018 mit Olympia-Gold im Einzel sowie 2023 in Oberstdorf, als er den Vierschanzentournee-Auftakt gewann. Silber im Regen von Trondheim wird ebenfalls in Erinnerung bleiben.
Hoffnung für Mixed am Mittwoch
Das deutsche Skisprung-Team hat so zur WM-Halbzeit drei Medaillen in drei Wettbewerben geholt und liegt voll im Soll. Noch besser in Form als die Männer um Wellinger sind die Frauen um Selina Freitag, die erst Silber im Einzel gewann und tags darauf das Team als Schlussspringerin zu Bronze hinter Norwegen und Österreich führte. Das macht auch Hoffnung für das anstehende Mixed am Mittwoch (16.00 Uhr).

„Ich weiß nicht, woher die Coolness kommt. Aber es ist auf jeden Fall gerade ziemlich schön und leicht, hier zu springen“, sagte Freitag nach ihrem Medaillen-Doppelpack. Neben der 23 Jahre alten Sächsin waren auch Katharina Schmid, Juliane Seyfarth und Agnes Reisch Teil des Bronze-Teams von Trondheim.
Für die Skispringer gibt es nach dem ersten Einzel in der zweiten WM-Woche drei weitere Entscheidungen auf der Großschanze. Auf das Mixed folgt am Donnerstag das Teamspringen. Zum Abschluss wird am Samstag der Einzel-Weltmeister von Trondheim gesucht.