Ukraine-Krieg Baerbock verlangt von Putin Waffenruhe ohne Vorbedingungen

Jörg Blank, Friedemann Kohler und Andreas Stein, dpa
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Von Jörg Blank, Friedemann Kohler und Andreas Stein, dpa
| 01.04.2025 05:00 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Ein Schweigemoment für Tausenden toten Soldaten und Soldatinnen der Ukraine - Ministerin Baerbock besucht Kiew. Foto: Jörg Blank/dpa
Ein Schweigemoment für Tausenden toten Soldaten und Soldatinnen der Ukraine - Ministerin Baerbock besucht Kiew. Foto: Jörg Blank/dpa
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Annalena Baerbock ist zum Abschiedsbesuch in der Ukraine. Demnächst wird ein anderer deutscher Außenminister versuchen, das Land gegen Russland zu unterstützen. Er erbt die gleichen Probleme.

Die geschäftsführende Außenministerin Annalena Baerbock verlangt vom russischen Präsidenten Wladimir Putin eine Waffenruhe in der Ukraine ohne jede Vorbedingung. Dass Putins Strategie nicht Frieden, sondern weitere Zerstörung sei, belegten andauernde russische Angriffe auf ukrainische Wohnhäuser und Energieinfrastruktur, sagte die Grünen-Politikerin bei einem Treffen mit ihrem Kollegen Andrij Sybiha bei ihrem Abschiedsbesuch in der Ukraine. „Daher ist für uns Europäer auch klar: Es kann keine Aufhebung von Sanktionen ohne Frieden geben.“

Angesichts der russischen Angriffe stellt Deutschland der Ukraine laut Baerbock weitere 130 Millionen Euro an humanitärer Hilfe und Stabilisierungsmitteln zur Verfügung. Es war die neunte Solidaritätsreise der Ministerin seit Beginn des Angriffskriegs im Februar 2022. Insgesamt ist es bereits der elfte Ukraine-Besuch Baerbocks seit ihrem Amtsantritt 2021. Von Sybiha erhielt sie einen Orden für ihre Verdienste um die Ukraine. 

Kerzen für getötete ukrainische Soldaten

Am nationalen ukrainischen Gedenkort für gefallene Soldatinnen und Soldaten stellten die Ministerin und Sybiha Gedenkkerzen auf. 

Die Ukraine habe deutlich gemacht, dass sie einen Waffenstillstand ohne Vorbedingungen akzeptiere, sagte Baerbock. „Derjenige, der das nicht tut, ist der russische Präsident.“ Auf den US-Vorschlag einer 30-tägigen umfassenden Feuerpause hat Moskau mit einer Reihe von Bedingungen reagiert, ebenso auf den Vorschlag sicherer ziviler Schifffahrt im Schwarzen Meer. Als einen ersten Schritt zur Vertrauensbildung forderte Baerbock, dass Russland verschleppte ukrainische Kinder zurückgibt. 

Der ukrainische Außenminister Sybiha hat seiner Kollegen eine Verdienstmedaille überreicht. Foto: Jörg Blank/dpa
Der ukrainische Außenminister Sybiha hat seiner Kollegen eine Verdienstmedaille überreicht. Foto: Jörg Blank/dpa

Ukraine verlangt mehr Sanktionen gegen Russland

Sybiha verlangte, den Sanktionsdruck auf Russland zu verstärken. „Denjenigen, die sich noch Illusionen über Russland machen, möchte ich sagen, dass es keine Rückkehr zu den alten Zeiten, zum business as usual mit Russland geben kann, egal ob es sich um Nord Stream oder ein anderes Projekt handelt“, unterstrich er. Moskau sei eine „existenzielle Bedrohung“. 

Beim Nato-Außenministertreffen am Donnerstag und Freitag werde man auch gegenüber der US-Seite „deutlich machen, dass wir uns auf Putins Hinhaltetaktik nicht einlassen dürfen“. Zu den Beratungen in Brüssel wird auch US-Außenminister Marco Rubio erwartet, Sybiha ebenfalls.

Wegen der „festgefahrenen Situation zwischen den USA und Russland ist es absolut zentral, dass wir Europäerinnen und Europäer zeigen, dass wir ohne Wenn und Aber an der Seite der Ukraine stehen und sie jetzt erst recht unterstützen“, sagte Baerbock. Beim nächsten Besuch werde ein neuer Außenminister Deutschlands in Kiew stehen. Aber „die deutsche Unterstützung für die Ukraine wird uneingeschränkt fortgesetzt“, versprach sie.

Baerbock lässt sich Schäden an Energieinfrastruktur zeigen

Baerbock ließ sich ein Umspannwerk im Norden der Ukraine zeigen, das die Versorgung mit Energie in einer der am dichtesten besiedelten Regionen des Landes sicherstellt. Es ist eines der Hauptziele russischer Angriffe seit 2022 mit mehr als einem Dutzend Raketen- und Drohnentreffern. Die Anlage sei auch für die Stabilisierung des Stromnetzes und für eine gleichmäßige Arbeit der ukrainischen Kernkraftwerke wichtig, hieß es. 

Die Energieversorgung der Ukraine ist durch viele russische Treffer beschädigt worden. Foto: Jörg Blank/dpa
Die Energieversorgung der Ukraine ist durch viele russische Treffer beschädigt worden. Foto: Jörg Blank/dpa

Deutschland ist bilateral der zweitgrößte Geber für den ukrainischen Energiesektor mit insgesamt über 750 Millionen Euro seit Beginn des Krieges. Eine unter US-Vermittlung von Russland und der Ukraine befürwortete Feuerpause für gegenseitige Angriffe gegen die Energieinfrastruktur hält nur teilweise. Allerdings sind schwere russische Angriffe auf ukrainische Kraftwerke und umgekehrt Attacken gegen russische Ölraffinerien zuletzt ausgeblieben.

Baerbock: Rohstoffvertrag muss zu Europa passen 

Der Streit zwischen US-Präsident Donald Trump und Selenskyj über die Ausbeutung von Rohstoffen in der Ukraine spielte bei den Gesprächen Baerbocks ebenfalls eine Rolle. Trump hat Selenskyj mit Konsequenzen gedroht, falls dieser sich einem Deal über die seltenen Erden in der Ukraine verweigern sollte. Seltenerdmetalle stecken in vielen täglichen Gebrauchsgegenständen wie Smartphones, Laptops und Fernsehern.

„Wir als Europäer haben schon vor einiger Zeit mit der Ukraine auch ein Rohstoffabkommen geschlossen, und natürlich müssen alle anderen Verträge, die in Zukunft geschlossen werden sollten, kompatibel sein mit europäischem Recht“, sagte Baerbock. „Schließlich ist das unser europäischer Kontinent.“

Ende Februar war die Unterzeichnung des Abkommens über die Ausbeutung von sogenannten seltenen Erden zwischen den USA und der Ukraine nach einem Eklat im Weißen Haus gescheitert. Danach gab es einen überarbeiteten Entwurf, der Medienberichten zufolge den USA noch größeren Zugriff auf die ukrainischen Bodenschätze geben soll.

Sybiha bestätigte, dass Kiew aus Washington einen neuen Entwurf für einen Rohstoffvertrag erhalten habe. Nun werde an einem Vertragstext gearbeitet, der für beide Seite akzeptabel sei. „Dieser Vertrag kann in keinem Fall unserem europäischen Weg, unserer Integration in die Europäische Union widersprechen“, sagte der Minister.

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