Landwirtschaft

Nach den Trecker-Blockaden steigt der Schweinefleisch-Preis

Andreas Ellinger und den Agenturen
|
Von Andreas Ellinger und den Agenturen
| 11.12.2020 20:32 Uhr | 5 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Artikel teilen:

Für die verbandsunabhängige Protestbewegung von bäuerlichen Familienbetrieben, deren Trecker zuletzt in Hesel aufgefahren sind, war Stefan Grotjann aus Barßel an Verhandlungen mit Aldi, Lidl, Rewe und Edeka beteiligt. Einige Märkte kündigten Preiserhöhungen an.

Köln/Ostfriesland - Nach den Bauernprotesten der vergangenen Wochen geht der Lebensmittelhandel in Deutschland auf die Landwirte zu. Nach Lidl kündigten am Freitag auch Rewe und Kaufland an, ihre Einkaufspreise für Schweinefleisch zu erhöhen. Die Rewe-Gruppe, zu welcher der Discounter-Penny gehört, kündigte an, bei Schweinefleisch wieder Beschaffungspreise zu zahlen, die dem Marktniveau vor Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest und dem damit zusammenhängenden Zusammenbruch des Exportmarktes entsprechen. „Wir wollen damit kurzfristig einen Beitrag leisten, die akute Krise der deutschen Schweinebauern zu beenden“, sagte Einkaufsvorstand Hans-Jürgen Moog.

Rewe setze auf eine langfristige Stärkung der heimischen Landwirtschaft, fügte er an. Dazu habe das Unternehmen ein Positionspapier erarbeitet, über das man mit dem Deutschen Bauernverband und der Bewegung „Land schafft Verbindung“ im Gespräch sei. Bestandteile seien etwa der Ausbau von Regionalfleischprogrammen und Maßnahmen zur Stärkung der Milchwirtschaft.

Auch die – wie Lidl – zur Schwarz-Gruppe gehörende Handelsmarke Kaufland kündigte an, den Einkaufspreis für verschiedene Schweinefleischartikel um einen Euro pro Kilo zu erhöhen. „Entsprechend steigt der Verkaufspreis für diese Artikel um einen Euro pro Kilo“, teilte das Unternehmen mit.

Kaufland sieht „fast unlösbare Probleme“ in der Landwirtschaft

„Wir haben Verständnis für die aktuellen Sorgen und Ängste der heimischen Landwirte“, teilte Kaufland mit. Die Bauern hätten es schon vorher nicht leicht gehabt, doch mit Covid-19 und der Afrikanischen Schweinepest stehe die Landwirtschaft vor fast unlösbaren Problemen. Durch corona-bedingte Schlachthofschließungen sei ein Überangebot an Fleisch entstanden und die Erzeugerpreise seien gesunken.

Ein Sprecher von Aldi Süd betonte, der Discounter zahle schon seit Monaten die vor dem Preisverfall durch Corona und die Afrikanische Schweinepest vereinbarten Preise für Schweinefleisch.

Lidl hatte als Reaktion auf Trecker-Blockaden die Preise für Schweineprodukte erhöht. Lidl hat nach eigenen Angaben den Einkaufspreis für zehn Artikel um jeweils einen Euro pro Kilo angehoben. Als Folge steige der Verkaufspreis entsprechend.

Verhandlungsrunde zwischen Landwirten und Handelsketten

Die vier großen Handelsketten – Edeka, Rewe, Aldi und die Schwarz-Gruppe – sowie der Handelsverband Lebensmittel (BVLH) trafen sich am Freitag mit Landwirten zu Verhandlungen. Als Vertreter der verbandsunabhängigen Protestbewegung, die von Montag auf Dienstag unter anderem das Heseler Aldi-Lager blockiert hat, war Stefan Grotjann aus Barßel dabei. Zu Ergebnissen könne er sich aber erst äußern, wenn der BVLH eine Pressemitteilung zu dem Gespräch herausgegeben habe – darauf habe er sich mit seinen Kollegen verständigt.

Deshalb nur soviel: Es sei um „kurzfristige Hilfen für Landwirte“ und die langfristige Wertschöpfung gegangen, sagte Grotjann – betreffend alle landwirtschaftlichen Produkte von Kartoffeln über Milch bis Fleisch. Zudem sei eine Ombudsstelle für den Lebensmitteleinzelhandel und die Landwirte diskutiert worden sowie eine Werbekampagne für die Landwirtschaft. Auch um Herkunfts-Kennzeichnungen der Produkte sei es gegangen.

Seine Erwartungen seien „teilweise erfüllt worden“, sagte Grotjann. Es habe aber auch Themen gegeben, die in einer vierstündigen Video-Konferenz nicht zu klären seien. Er bewertete es als Erfolg, dass sich Lidl, Aldi, Rewe und Edeka mit den Landwirten zusammengesetzt haben: „Die haben uns schon ernstgenommen.“

Handel bringt staatliche Milliardenhilfen für Bauern ins Gespräch

Parallel dazu gab es Gespräche von Aldi mit Bauernvertretern. Aus Landwirtskreisen war mit Blick auf die Milchpreise etwa die Forderung laut geworden, die abgeschlossenen Verträge nochmal nachzuverhandeln.

Aus Handelskreisen hieß es, dass die Probleme der Bauern nicht allein vom Handel gelöst werden könnten. Um die Strukturprobleme in den Griff zu bekommen, seien staatliche Hilfen in Milliardenhöhe nötig. Von Aldi wurde ein Hilfsfonds ins Spiel gebracht, in den die Händler einen Umsatzanteil aus dem Verkauf von Agrarprodukten einbringen könnten, der dann aber vom Staat aufgefüllt werden müsse.

Ähnliche Artikel