Was Sie heute wissen sollten

Merkel-Macht | Untertanen-Geist | Strom-Trassen

Joachim Braun
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Von Joachim Braun
| 09.04.2021 06:26 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 6 Minuten
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Das Wichtigste aus der Region, jeden Morgen um 6.26 Uhr zusammengefasst von der Chefredaktion der Ostfriesen-Zeitung.

Mehr Macht nach Berlin. Nein, das weckt keine unschönen Assoziationen, allerdings haben die Gründerväter der Bundesrepublik aus gutem Grund den Föderalismus so stark gemacht. Und wenn Kanzlerin Angela Merkel auf ihre letzten Tage im Amt noch die Gewichtungen verschieben möchte, dann wird sie zu Recht auf massiven Widerstand stoßen. Natürlich hat sich das System in der Corona-Krise als sperrig und verwirrend offenbart. Natürlich haben auch die Ministerpräsidenten immer wieder falsche Entscheidungen für oder gegen Lockdowns getroffen. Und natürlich darf man fragen, wie oft persönliche Eitelkeiten wichtiger waren als Sachentscheidungen. Alles richtig. Aber, hätte es Berlin allein besser gemacht?

Mein Kollege Burkhard Ewert, Politik-Chef unseres Partners Neue Osnabrücker Zeitung, hat vor ein paar Wochen den wöchentlichen Newsletter „Rest der Republik“ gestartet. In dieser Woche setzte er sich mit der Machtdebatte auseinander: „Wenn über den Föderalismus geschimpft wird, werden Probleme auf ihn projiziert, die mit ihm nichts zu tun haben. Die viel größere Schwachstelle liegt in meinen Augen in einer begrenzten Tatkraft, einer Verwaltung, die jedes Jahr an Personen wächst, aber nicht an Nutzen, und in einer Neigung zur Übertreibung und Übermoral, ja, zur Hysterie. (...) Immer fragt es sich ja auch, wie eine starke Zentralmacht ihre Positionen dort durchsetzt, wo Lage und Kultur anders sind als in der Hauptstadt. Statt nerviger Landesregierungen sind dann willfährige Statthalter gefragt. (...) Kluge Systeme, auch große, gehen anders vor. Die Römer etwa ließen den Provinzen ihre Götter, ihre Sprache, ihre Bräuche. Sie sahen und nutzten die Eigenheiten ihrer Provinzen. Sie wussten: Alles bestimmen und kontrollieren zu wollen, würde sie überfordern.“

Das Hin und Her zwischen Berlin und den Ländern wird jedenfalls nicht weniger. Angeblich will die Bundeskanzlerin noch einmal einen Komplett-Lockdown, außerdem steht im Raum, dass die für Montag geplante Bund-Länder-Runde verschoben wird, und in der „Modellkommune“ Emden ist nun im Gespräch, mit den für Montag geplanten Lockerungen ebenfalls noch zu warten. Oldenburg hat dies schon beschlossen. Wäre ja zu blöd, zu lockern, und dann verkündet Merkel einen neuerlichen Lockdown.

Noch so ein Thema: Kriegen Sie auch die Krise, wenn Sie ein Schreiben von einer Behörde bekommen? Okay, bei mir beschränkt sich das auf den Steuerbescheid und Strafzettel, aber es könnte heutzutage auch mal die Aufforderung kommen, dass ich mich als Corona-Verdachtsfall in Quarantäne begeben muss. Wenn das so formuliert ist: „Sehr geehrter Herr Braun! Ich untersage Ihnen hiermit, Ihren aktuellen Aufenthaltsort (...) zu verlassen.“, unterzeichnet von einer mir unbekannten Sachbearbeiterin, dann würde ich die Krise kriegen. Ein ähnliches Gefühl hatte auch Alexander Sänger aus Rhauderfehn. Daniel Noglik erzählt die Geschichte und auch, wie es andere Landkreise formuliert haben. In der Redaktion wurde der Artikel übrigens kontrovers diskutiert. Der Chat umfasst 36 Einträge, von „der soll sich nicht so anstellen“ bis „das atmet den Hauch von Untertanengeist“.

Emden hat als Zufluchtsort für Freidenker seit 500 Jahren Tradition, nun suchen dort auch Querdenker Unterschlupf. Eine Gruppe namens „Ostfriesland Gemeinsam“ ruft für Sonnabend zur Demonstration gegen die Corona-Regeln auf, und die Auricher „Querdenker“ sind auch dabei. Wer aber hinter „Ostfriesland Gemeinsam“ steht, verrät die Stadtverwaltung nicht, nur dass die Veranstaltung ordnungsgemäß angemeldet und unter Corona-Regeln genehmigt wurde. Gemäß dem Grundrecht der Meinungs- und Versammlungsfreiheit, das ja nach Meinung vieler Demonstranten mit Füßen getreten wird. Lena Mimkes berichtet.

Es ist der Eindruck vieler Küstenbewohner, aber selbst in Leer sind unerwartet viele Autos mit auswärtigen Kennzeichen unterwegs. Jetzt über Ostern sind nicht etwa besonders viele auswärtige Montagetrupps in der Region unterwegs, sondern - so der Verdacht - viele Touristen unterlaufen in Komplizenschaft mit Vermietern das Urlaubsverbot. Rudolf Haasis aus Norden ist nach Inspektion der Fähr-Parkplätze überzeugt, dass sich „Hunderte, ja Tausende“ illegal auf Norderney aufhalten, aber der Landkreis Aurich wiegelt ab. Warum, das berichtet Michael Hillebrand.

Bleiben wir im Wattenmeer. Imke Oltmanns hat sich in einem ausführlichen Rundumschlag mit den Plänen für neue Stromkabel von den Offshore-Windparks ans Festland befasst. Naturschützer stehen vor einem Dilemma, einerseits fordern sie den Ausbau regenerativer Energien, andererseits fürchten sie ökologische Schäden im Nationalpark. Nicht zu vergessen auch die Gefahr für das Süßwasser unter der Insel Langeoog. Was also tun? Die wesentlichen Argumente Für und Wider finden Sie hier.

Im vergangenen Frühjahr verendeten auch in ostfriesischen Gärten viele Blaumeisen. Ein Bakterium macht den beliebten Singvögeln zu schaffen. Wie sieht es heuer aus? Erste Indizien gibt es, dass die Meisen-Epidemie nicht vorbei ist. Marion Luppen hat sich mit Experten unterhalten und erklärt, was Vogelfreunde tun können.

Viel ist ja in diesen Tagen davon die Rede, wie sich das Corona-Virus ausbreitet. Dass in Innenräumen das Infektionsrisiko viel größer ist als in der freien Natur. Und auch die Frage, ob Masken wirklich helfen oder nicht, wird weiterhin in manchen Kreisen diskutiert. Die spanische Zeitung „El Pais“ hat dazu eine sehenswerte Multimedia-Geschichte mit vielen aufschlussreichen Animationen erstellt. Sie erklärt sich weitgehend von selbst, die englische Variante (nein kein Virus!) habe ich hier hinterlegt.

Damit verabschiede ich mich für die nächsten zwei Wochen in den Urlaub. Meine Kollegen Carmen Leonhard und Timo Sager übernehmen. Bleiben Sie uns gewogen!

Was heute wichtig wird:

  • Brot, Brötchen, Kuchen - Bäckereien durften, weil sie Lebensmittel produzieren, während der ganzen Corona-Zeit uneingeschränkt öffnen und verkaufen. Doch sind sie auch Gewinner der Pandemie? Nikola Nording fragt nach.
  • Laschet oder Söder? Bei der CDU/CSU stellt sich gut fünf Monate vor der Bundestagswahl die K-Frage. Marion Luppen fragt bei CDU-Politikern aus Ostfriesland, welchen der beiden sie für den besseren Kanzlerkandidaten halten.
  • Die Auricher Ratsfrau Hilde Ubben, die einen Pflegedienst betreibt, will bis Montag aus der Auricher Markthalle ein Corona-Schnelltestzentrum machen. Marion Luppen schaut ihr und ihrem Team über die Schulter.
  • Claus Hock hat kürzlich über die „Fotopoints“ in der Krummhörn berichtet. Nach einem „Shitstorm im Wasserglas“ hat die Touristik Krummhörn einen Aufkleber für Fotopoints schon wieder entfernt. Wie kam es dazu? Der Kollege hat nachgefragt.

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