Kommentar zu Verbraucherbeschwerden EWE verschafft sich finanzielle Vorteile auf Kosten ihrer Kunden

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Ein Kommentar von Andreas Ellinger
| 12.09.2023 19:15 Uhr | 2 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
Wie viel Kunden-Guthaben hortet die EWE, obwohl das Geld – noch oder wieder – bei den Kunden sein könnte? Symbolfoto: Büttner/dpa
Wie viel Kunden-Guthaben hortet die EWE, obwohl das Geld – noch oder wieder – bei den Kunden sein könnte? Symbolfoto: Büttner/dpa
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Die EWE verbessert ihre Liquidität, indem sie Geld von Kunden verwahrt, das noch oder wieder bei den Kunden sein könnte. Laut EWE entsteht kein finanzieller Schaden für Kunden. Absurd!

Die EWE behauptet, dass ihren Kunden kein finanzieller Schaden entstehe, wenn Geld von ihr verwahrt wird, das eigentlich – noch oder wieder – bei den Kunden sein müsste oder zumindest könnte. Die EWE argumentiert, dass dieses Geld ja als Guthaben berücksichtigt werde – spätestens bei der nächsten Jahresabrechnung.

Ein Kunde beschwerte sich beispielsweise, dass die EWE bei ihm für ein abgerechnetes Jahr nachträglich einen weiteren, den zwölften Abschlag abgebucht habe. Die EWE versuchte das zu rechtfertigen: „Da zu Beginn des Abrechnungszeitraums von einem Jahr grundsätzlich zwölf Abschlagsbeträge festgesetzt werden, werden diese vereinbarungsgemäß auch eingezogen, selbst wenn die turnusmäßige Jahresabrechnung vor Fälligkeit des zwölften Abschlags erstellt wird. Der zwölfte Abschlag außerhalb des Abrechnungszeitraums wird dann im darauffolgenden Abrechnungszeitraum berücksichtigt, wenn – wie im vorliegenden Fall – ein fortlaufendes Vertragsverhältnis mit andauerndem Energieverbrauch besteht.“

Geld von EWE-Kunden wäre auf einer Bank besser angelegt

Die EWE verbessert auf diese Weise ihre finanzielle Situation (Liquidität) auf Kunden-Kosten. Denn der Kunde muss auf die Verrechnung oder Rückerstattung dieses Monatsabschlags ein Jahr lang warten – während die EWE mit diesem Geld arbeiten kann. Zu berücksichtigen ist dabei: Die EWE verzinst Kunden-Guthaben nicht.

Nun könnte man sagen, dass das Kundengeld auf einem Girokonto nicht viel Zinsen abwerfen würde. Anders sieht es jedoch aus, wenn ein Kunde den Dispositionskredit seiner Bank nutzt und folglich weniger (relativ hohe) Dispo-Zinsen zahlen müsste – wenn er denn sein Geld von der EWE hätte.

So hätte der Kunde ein höheres Guthaben bei der EWE gehabt

Grotesk ist die Argumentation der EWE auch im Fall ihres Westoverledinger Kunden Jan Hoek. Ihm hat sie einen mit 800 Euro viel zu hohen Monatsabschlag berechnet, davon sein Guthaben von der verspätet geschickten Jahresrechnung abgezogen und die letztlich verbleibende Summe nicht abgebucht, sondern als „Soll“ auf seinem Kundenkonto vermerkt.

Auf eine Pressenanfrage unserer Redaktion hin reagierte das Unternehmen wie folgt: „Nun bekommt Herr Hoek diese Abbuchung von uns erstattet. Aber auch ohne diese Erstattung wäre in der Gesamtbetrachtung kein finanzieller Schaden für Herrn Hoek entstanden, sondern sein Guthaben entsprechend höher ausgefallen.“

Für Kunden ist es nicht egal, wie viel Guthaben die EWE von ihnen hortet

Der letzte Halbsatz der EWE-Argumentation stimmt. Sarkastische Anmerkung: Wenn der Kunde Hoek zusätzlich 5000 Euro an die EWE überwiesen hätte, dann wäre sein Guthaben noch viel höher ausgefallen.

Wohl den EWE-Kunden, die viel Geld auf der sprichwörtlich hohen Kante haben! In Zeiten hoher Inflation und hoher Energiepreise dürfte ein Großteil der EWE-Kunden allerdings eher knapp bei Kasse sein. Und für sie ist es eben nicht egal, wie viel Kunden-Guthaben die EWE hortet.

Damit verbessert die EWE ihre Liquidität und sie verschlechtert die Liquidität ihrer Kunden. Und je nachdem bei wie vielen Kunden sie so vorgeht, kann es dabei um Millionen-Beträge gehen. Denn die EWE hat Kundenverträge in siebenstelliger Zahl. Für die Jahresbilanz des Konzerns dürfte dieses Geschäftsgebaren kein Nachteil sein.

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